Am 2. Juli 2024 fand erneut eine Veranstaltung im Rahmen der Ringvorlesung „Automatisierte Systeme“ in hybrider Form statt. Hierzu hatten der Lehrstuhl für Zivilrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht (Prof. Dr. Buck-Heeb) und der Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Zivil- und Handelsrecht (Prof. Dr. Dr. h.c. Oppermann) zusammen mit dem Interdisziplinären Institut für Automatisierte Systeme e.V. (RifaS) eingeladen.
Dieses Mal konnte Frau Dr. Leonie Waldmann als Referentin gewonnen werden. Sie befasste sich in ihrem Vortrag mit dem Einsatz von Preisalgorithmen im Online-Handel und den kartellrechtlichen Auswirkungen. Diese Frage ist v.a. deshalb extrem praxisrelevant, weil der Online-Handel immer weiter zunimmt und aus dem wirtschaftlichen Alltag nicht mehr wegzudenken ist.
Einführend wurde als Beispiel für den Einsatz von Preisalgorithmen auf die großen Handelsplattformen verwiesen, die zahlreiche Algorithmen für den Betrieb ihres Online-Marktplatzes verwenden. Die Referentin stellte die dahinter stehende Problematik anhand eines Fallbeispiels dar, bei dem aufgrund eines Programmierungsfehlers ein Buch statt für 23 US-Dollar für 23,7 Mio. US-Dollar auf einer Plattform angeboten wurde. Mittlerweile ist jedoch auch bei weit mehr als der Hälfte der sog. kleineren Händlern festzustellen, dass diese ebenfalls die Preissetzung mittlerweile an Algorithmen abgeben. Die Vortragende legte die zunehmende Tendenz eines solchen Verhaltens und die Zunahme der damit verbundenen rechtlichen Probleme dar.
Schon seit einiger Zeit werden nicht zuletzt aus diesem Grund die Auswirkungen auf den Wettbewerb intensiv diskutiert. Thematisiert wurde insbesondere die Frage nach einer mögliche Diskriminierung durch den Algorithmus. Eine solche kann auch kartellrechtliche relevant werden. Eingegangen wurde zudem auf andere denkbare Missbrauchsmöglichkeiten, die Gegenstand der aktuellen Debatte sind. Fokussiert wird dabei insbesondere die kartellrechtliche Bewertung solcher Verhaltensweisen. Abgestellt wurde insbesondere auf die Problematik der (erschwerten) Nachweisbarkeit und Erkennbarkeit. Außerdem wird die lange Verfahrensdauer bei Vorliegen eines Marktmachtmissbrauchs bemängelt.
Darauf aufbauend wurde anhand von Fällen aus der Rechtspraxis erörtert, inwiefern durch Algorithmen verbotene Kartelle entstehen können. Abgehoben wurde auch darauf, wie sich das geschilderte Phänomen kurz- und langfristig auf den Wettbewerb auswirken kann. Behandelt wurde des Weiteren die rechtspolitische Frage nach dem künftigen Umgang mit der Praxis der Preisalgorithmen. Diese ist deshalb virulent, weil sich die Preissetzung in digitalen Märkten immer mehr verselbständigt und von teils durch nicht transparenten, selbstlernenden Algorithmen erfolgt.
Preisalgorithmen können auch in den Anwendungsbereich des Digital Markets Act, der den Umgang mit digitalen Plattformmärkten regelt, fallen. An den Vortrag schloss sich eine lebhafte Diskussion an. Dabei ging es u.a. um die Thematik der Zurechnung, insbesondere für den Fall, dass aufgrund der Weiterentwicklung des Algorithmus dessen Kontrolle nicht mehr gesichert erscheint.
Über die Ringvorlesung "Automatisierte Systeme"
Nähere Informationen über die Ringvorlesung "Automatisierte Systeme" sowie weitere Rückblicke auf vergangene Veranstaltungen finden Sie hier.
Über das Interdisziplinäre Institut für Automatisierte Systeme e.V. (RifaS)
Das Institut wurde im Herbst 2017 gegründet und steht für eine interdisziplinäre, nationale und internationale Forschung in verschiedenen Bereichen automatisierter Systeme. Die Forschungsbereiche lassen sich in Verkehr und Mobilität, Produktion und Wirtschaft sowie Medizin unterteilen. Das Institut bringt sowohl Wissenschaftler als auch Praktiker zusammen und ist nicht nur in der Forschung aktiv, sondern auch in der Lehre.
Informationen zu aktuellen Veranstaltungen finden sich stets auf www.rifas.de.