Forschung

Die drei zentralen Forschungsbereichen des Lehrstuhls sind Staatsorganisationsrecht, insbesondere Parlamentsrecht und Parlamentarismusgeschichte, Reform der sozialen Sicherungssysteme einschließlich Berufsrecht der Freien Berufe, insbesondere Ärztliches Berufsrecht, Wandel der Staatsaufgaben und Verwaltungsrechtsmodernisierung. Diese werden im Nachfolgenden näher beschrieben.

  • Staatsorganisationsrecht, insbesondere Parlamentsrecht und Parlamentarismusgeschichte

    Ein weiteres, am Lehrstuhl kontinuierlich bearbeitetes Forschungsgebiet betrifft das Themenfeld „Staatsorganisationsrecht, insbesondere Parlamentsrecht und Parlamentarismusgeschichte“.

    Der demokratische Parlamentarismus in der Bundesrepublik Deutschland ist auch heute noch an manchen Stellen nur fragmentarisch erforscht. Dieser Befund gilt für die innere Seite der Parlamente hinsichtlich ihrer Institutionen und Funktionen, Organisationen und Aktionen, genauso aber auch für ihre Außenbeziehungen zu den anderen Verfassungsorganen Bundesrat, Bundespräsident und Bundesregierung. Forschungsbemühungen finden ihren Grund nicht selten darin, dass das Parlamentsrecht Traditionsschichten und – daraus entstanden – Vorgegebenheiten hat, die nicht recht in die heutige Zeit zu passen scheinen, weil sie in frühkonstitutioneller Zeit entstanden sind, dennoch aber trotz völlig veränderter Wirkungsbedingungen des modernen Parlamentarismus bis heute Bestand haben. Das gilt in besonderer Weise für die vom Grundgesetz garantierten Statusrechte von Parlament und Abgeordneten, aber z.B. auch für die Rechte der Fraktionen, wie sie sich aus den Parlamentsgeschäftsordnungen und Abgeordnetengesetzen ergeben, des Weiteren für die Parlamentspraxis mit ihren Parlamentsbräuchen, ihren gewohnheitsrechtlichen Praktiken und ihren Observanzen. Die der Parlamentsforschung zugehörigen Veröffentlichungen des Lehrstuhls zielen daher darauf, wenn sie sich der Interpretation heutiger parlamentsrechtlicher Regelungen widmen, stets der genetischen und historischen Auslegung den ihr gebührenden Platz zuzuweisen. Zum Teil wird deshalb auch parlamentshistorische Grundlagen- und Quellenforschung geleistet, um Kontinuitäten und Diskontinuitäten des heutigen deutschen Parlamentsrechts sichtbar zu machen.

    Auch zu diesen Forschungsgebieten sind in den letzten Jahren am Lehrstuhl verschiedenste Einzelvorhaben (Kommentierungen, Handbuchbeiträge, Aufsätze, Dissertationen) abgeschlossen worden. Der Lehrstuhlinhaber, der auch die venia legendi für das Fach „Verfassungsgeschichte“ besitzt, ist speziell dem niedersächsischen Staatsrecht durch sein Ehrenamt als Richter am Niedersächsischen Staatsgerichtshof und zudem als geschäftsführender Herausgeber des Hannoverschen Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung (2. Aufl. 2021) verbunden.

  • Reform der sozialen Sicherungssysteme einschließlich Berufsrecht der Freien Berufe, insbesondere Ärztliches Berufsrecht

    Ein weiteres, am Lehrstuhl kontinuierlich bearbeitetes Forschungsfeld betrifft die Optimierung bzw. die Reform der sozialen Sicherungssysteme angesichts der aktuellen Herausforderungen durch die demographischen und finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

    Im Vordergrund der Forschungsbemühungen steht hier der Versuch, die Regelungsspielräume auszuloten, die dem Gesetzgeber für seine Reformvorhaben offenstehen. Diese Aufgabe geht in Sonderheit dahin zu bestimmen, welche Elemente der sozialen Sicherungssysteme und hier insbesondere der Sozialversicherung und ihrer fünf Zweige verfassungsfest sind und welche nicht. Weil die deutsche Sozialversicherung von alters her ein gegliedertes System mit einer Vielzahl von Sozialversicherungsträgern kennt, das sog. Leistungserbringer (z.B. Ärzte, Apotheker, Heil- und Hilfsmittelerbringer, Krankenhäuser, Pflegedienste, private Wohlfahrtsverbände) in die Erfüllung sozialer Aufgaben einbezieht, stellt – unterhalb der Verfassungsfragen – besonders das Organisations- und Verfahrensrecht eine wichtige Steuerungsressource für den Gesetzgeber dar. Im Vordergrund der Forschungsbemühungen des Lehrstuhls stehen hier z.B. die Probleme und Reformmöglichkeiten der Binnensteuerung der Sozialversicherungssysteme durch die sog. Soziale Selbstverwaltung der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie durch die sog. Gemeinsame Selbstverwaltung von Ärzten/Zahnärzten und Krankenkassen, ferner die Einführung und Etablierung neuer Versorgungsstrukturen in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Zu den Forschungsfeldern des Lehrstuhls gehört des Weiteren das Heil- und Hilfsmittelrecht nach SGB IV und das Recht der Hinterbliebenensicherung nach SGB VI, letzteres einschließlich der familienrechtlichen und der Genderfragen. Auch beteiligt sich der Lehrstuhl an der Diskussion um die Neubestimmung des Verhältnisses der öffentlich-rechtlichen Sicherungsformen zueinander und in ihrem Verhältnis zu den privaten Sicherungsformen (Drei-Säulen-Modell in der Alterssicherung, Alterssicherung der verkammerten Freien Berufe, Generationenvertrag, Kapitaldeckung und Umlageverfahren). Ein Unterfeld ist hier das Berufsrecht der Freien Berufe. Insoweit werden vor allem die voranschreitende Neuausrichtung des Ärztlichen Berufsrechts und das Recht der Versorgungswerke der Freien Berufe rechtswissenschaftlich begleitet.

    Auch zu diesem schon in der Denomination des Lehrstuhls angelegten Forschungsfeld sind in den letzten Jahren eine Vielzahl von Einzelvorhaben abgeschlossen worden. Der Lehrstuhlinhaber ist derzeit Mitglied des Verbandsausschusses des Deutschen Sozialrechtsverbandes und Mitherausgeber der zentralen Veröffentlichungsreihe für Dissertationen im Sozialrecht ("Schriften zum Sozialrecht", Nomos, Baden-Baden).

  • Wandel der Staatsaufgaben und Verwaltungsrechtsmodernisierung

    Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lehrstuhls forschen u.a. zum Themenfeld „Wandel der Staatsaufgaben und Verwaltungsrechtsmodernisierung“.

    Dieses Themenfeld bezieht sich auf eine seit langem unter den Leitbegriffen „schlanker Staat“, „aktivierender Staat“, „Belebung des bürgerschaftlichen Engagements“, „Kernaufgabenstaat“ und „Gewährleistungsstaat“ geführte intensive Diskussion über Fragen der Staats- und Verwaltungsmodernisierung. Auf der staatsrechtlichen Ebene geht es dieser Diskussion um die Bestimmung des Kreises von Staatsaufgaben, ferner aber auch um die Frage der arbeitsteiligen Gemeinwohlverwirklichung im Zusammenwirken von Staat und Privaten und in diesem Kontext um die Frage, ob sich der Staat bei der Staatsaufgabenerledigung von der Erfüllungs- auf eine Gewährleistungs- bzw. Sicherstellungsaufgabe zurückziehen soll. Auf der verwaltungsrechtlichen und verwaltungswissenschaftlichen Seite werden etwa die Instrumente behandelt, mit denen der enorme Ökonomisierungsdruck aufgefangen werden soll, der auf der öffentlichen Verwaltung lastet und für den Begriffe wie „New Public Management“ (NPM) oder „Neues Steuerungsmodell“ (NSM), aber auch etwa das alle Hoheitsträger treffende „Wirtschaftlichkeitsgebot“ stehen.

    Zu diesem Forschungsfeld, das im Institut für Staatswissenschaft der Leibniz-Universität Hannover gebündelt ist und dort im interdisziplinären Kontext bearbeitet wird, sind in den vergangenen Jahren verschiedenste Forschungsvorhaben (Handbuchbeiträge, Aufsätze, Dissertationen) abgeschlossen worden. Ferner war der Lehrstuhlinhaber von 2008 bis April 2024 Mitherausgeber der Zeitschrift "der moderne Staat – dms. Zeitschrift für Public Policy, Recht und Management", Verlag Barbara Budrich, Leverkusen (2 Hefte mit rund 250 Seiten jährlich seit 2008, ein Sonderband) und zuständig für das double-blind review öffentlich-rechtlicher Beiträge.