Faculty of Law Studies Im Studium E-Learning programmes JurOnlineRep
VG Köln, Beschluss vom 17.07.2020 – 6 L 1246/20

VG Köln, Beschluss vom 17.07.2020 – 6 L 1246/20

Maskenpflicht in Uni-Klausuren.

Der Kläger begehrte im einstweiligen Rechtsschutz (§ 123 VwGO) die Aufhebung einer Regelung, nach der beim Schreiben mehrstündiger Klausuren  eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen ist. Das Prüfungsamt solle stattdessen dafür sorgen, dass die Sitzabstände eigehalten werden oder alternativ Plexiglasscheiben aufstellen.

Das Gericht erkannte in der Maßnahme einen Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 I GG). Dieser sei aber gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig: Das legitime Ziel bestehe darin, COVID-19-Infektionen während der Prüfungen zu vermeiden und damit sowohl die Gesundheit der Prüflinge, als auch diejenige der Allgemeinheit zu schützen. Die Pflicht zumk Tragen eine Mund-Nase-Bedeckung sei zum Erreichen dieses Ziels auch geeignet: "Ein Mittel ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Erfolg in jedem Einzelfall auch tatsächlich erreicht wird oder erreichbar ist, vielmehr genügt die abstrakte Möglichkeit der Zweckerreichung (...).

Die Antragsgegnerin geht davon aus, dass beim Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung durch die Atmung keine oder nur noch wenige infizierte Tröpfchen in die Luft gelangen und andere dadurch weniger wahrscheinlich die infizierten Tröpfchen einatmen und sich anstecken. Zwar ist die Eignung sogenannter Behelfsmasken als Mittel zur Verringerung der Infektionszahlen bisher nicht wissenschaftlich nachgewiesen. Nach der aktuellen Empfehlung des Robert-Koch-Instituts, auf die die Antragsgegnerin sich beruft, ist bei dem derzeitigem Erkenntnisstand aber davon auszugehen, dass auch gegebenenfalls privat hergestellte textile Mund-Nasen-Bedeckungen eine (wenn auch im Vergleich zu einem chirurgischen Mund-Nasen-Schutz geringere) Filterwirkung auf Tröpfchen und Aerosole entfalten können, die zu einer Reduzierung der Ausscheidung von Atemwegsviren über die Ausatemluft führen kann. Hierdurch erscheint es wiederum möglich, dass ihr Tragen einen Beitrag zur weiteren Verlangsamung der Ausbreitung des von Mensch zu Mensch übertragbaren Coronavirus leistet(...).

Die Verpflichtung, während der Prüfung eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, dürfte auch erforderlich sein. Mildere aber gleich effektive Mittel sind nicht ersichtlich. Die vom Antragsteller als ausreichend erachtete Wahrung des Abstandsgebots sowie die Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit der anwesenden Personen oder der von ihm vorgeschlagene Aufbau von Plexiglasscheiben zwischen Prüflingen sowie Aufsichtspersonen sind nicht in gleicher Weise wirksam, Ansteckungen zu verhindern. Denn diese Maßnahmen können nicht ebenso effektiv wie Masken die Verbreitung von Aerosolen verringern. Dieser Gefahr lässt sich auch nicht durch die vom Antragsteller vorgeschlagenen organisatorischen Entzerrungen in gleich wirksamer Weise begegnen (...).

Schließlich ist das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung während der Prüfungen auch angemessen. (...) Das grundsätzlich schutzwürdige Interesse des Antragstellers, an den Prüfungen ohne Mund-Nasen-Bedeckung teilzunehmen, tritt in der Gesamtwürdigung gegenüber den drohenden erheblichen Gefahren für Leib und Leben der anderen Teilnehmer, die bis zum Tod führen können, zurück (...).

Die für den Antragsteller mit der Bedeckungspflicht einhergehenden Beeinträchtigungen sind ihm zumutbar. Maßstab ist insoweit nicht die individuell-konkrete Empfindlichkeit des Antragstellers, sondern diejenige des „Durchschnittprüflings“ (...). Die Beeinträchtigungen sind bei einer Bearbeitungszeit von 120 - 180 Minuten begrenzt und überschaubar. Sie werden zudem durch weitere Regelungen abgemildert. So darf nach Ziffer III.1.1 des Rektoratsbeschlusses die Mund-Nasen-Bedeckung bei Bedarf zum Essen oder Trinken kurz angehoben werden, sofern die Abstände gewahrt sind; das Anheben soll dabei auf das notwendige Maß beschränkt bleiben. Das Gericht teilt nicht die Auffassung des Antragstellers, das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung während einer Prüfung beeinträchtige spürbar die Konzentration des Prüflings." Zur Angemessenheit trägt nach Auffassung des Gerichts des Weiteren bei, dass dem Antragssteller vom Prüfungsamt alternativ zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung das Tragen eines Gesichtsvisires gestattet wurde, so dass er auch nicht durch beschlagene Brillengläse beeinträchtigt sei. Schließlich galten nicht bestandene Klausuren so gar als nicht unternommen, was das Gericht ebenfalls zu Lasten des Antragsstellers berücksichtigte.

Der Antrag hatte keinen Erfolg.

Beschluss frei zugänglich.