EuGH, Urteil vom 02.03.2021 – C-824/18

Nationales Recht, das Beantwortung von Vorlagefragen durch EuGH verhindern soll, unionsrechtswidrig.

Aus den amtlichen Leitsätzen (eigene Nummerierung):

1. (Art. 267 AEUV und Art. 4 Abs. 3 EUV [sind] dahin auszulegen, dass sie (...) Änderungen [des nationalen Rechts] entgegenstehen, wenn sich herausstellt, dass diese Änderungen die spezifische Wirkung hatten, den Gerichtshof daran zu hindern, zur Vorabentscheidung vorgelegte Fragen wie die ihm von diesem Gericht unterbreiteten zu beantworten, und jede Möglichkeit auszuschließen, dass ein nationales Gericht in Zukunft ähnliche Fragen erneut vorlegt; dies auf der Grundlage aller maßgeblichen Umstände zu beurteilen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.

2. Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV [ist] dahin auszulegen, dass er (...) Änderungen [des nationalen Rechts] entgegensteht, wenn sich herausstellt, dass diese Änderungen geeignet sind, bei den Rechtsunterworfenen berechtigte Zweifel an der Unempfänglichkeit der (...) ernannten Richter für äußere Faktoren, insbesondere für unmittelbare oder mittelbare Einflussnahmen durch die Legislative und die Exekutive, und an ihrer Neutralität in Bezug auf die widerstreitenden Interessen aufkommen zu lassen (...); dies auf der Grundlage aller maßgeblichen Umstände zu beurteilen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.

2. Im Fall eines erwiesenen Verstoßes gegen diese Artikel ist der Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts dahin auszulegen, dass er das vorlegende Gericht verpflichtet, die in Rede stehenden Änderungen unabhängig davon unangewendet zu lassen, ob diese gesetzlicher oder verfassungsrechtlicher Natur sind, und folglich seine frühere Zuständigkeit für die Entscheidung über die vor diesen Änderungen bei ihm anhängigen Rechtsstreitigkeiten weiterhin wahrzunehmen.

Urteil frei zugänglich