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BVerfG, Beschluss vom 09.07.2020 – 1 BvR 1918/20

BVerfG, Beschluss vom 09.07.2020 – 1 BvR 1918/20

Anspruch akkreditierter Medienvertreter auf Simultanübersetzung.

In einem Prozess, der vor dem OLG Koblenz nach dem sog. "Weltrechtsprinzip" wegen völkerrechtlicher Verbrechen gegen Mitglieder des Assad-Regimes geführt wird, stellten des Deutschen nicht mächtige syrische Medienvertreter den Antrag, ihnen konstenpflichtig Zugang zu einer Simultanübersetzung ins Arabische bereitzustellen.

Die Vorsitzende lehnte den Antrag ab, u.a. mit Verweis darauf, dass Gerichtssprache deutsch sei, sowie auf Einschränkungen, die zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie geltende Hygieneregeln hervorriefen, etwa bei der Nutzung von gerichtseigenen Kopfhörern. Vielmehr liege es im Verantwortungsbereich der Journalisten, dafür zu sorgen, dass sie dem Prozess folgen könnten.

Das BVerfG stellte klar, dass der oder die Vorsitzende grundsätzlich einen weiten Ermessensspielraum hat, was sitzungspolizeiliche Maßnahmen angehe und Erwägungen, wie sie hier von der Vorsitzenden angestellt wurden, grundsätzlich tragfähig sein könnten.

Wegen der Besonderheiten des Falls (Verhandlung von durch Syrer in Syrien verübte Straftaten durch deutsche Justiz im Rahmen einer Ausnahmezuständigkeit) könne aber nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Medienvertreter durch den verweigerten Zugang zu einer Simultanübersetzung in ihren Grundrechten verletzt würden.

Auf Grund der schwerwiegenden Nachteile, die entstünden, wenn sich mehrere Monate später im Hauptsacheverfahren herauststellte, dass es einen Anspruch auf Simultanübersetzungg gegeben hätte, diesem aber nicht stattgegeben wurde, sei bereits im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes anzuordnen, dass ein Zugang zu einer Übersetzungsmöglichkeit geschaffen werden müsse.

Pressemitteilung Nr. 79/2020