Am 12. Juli 2022 fand erneut eine Veranstaltung im Rahmen der Ringvorlesung „Automatisierte Systeme“ statt.
Hierzu hatten der Lehrstuhl für Zivilrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht (Prof. Dr. Buck-Heeb) und der Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Zivil- und Handelsrecht (Prof. Dr. Dr. h.c. Oppermann), zusammen mit dem Interdisziplinären Institut für Automatisierte Systeme e.V (RifaS) eingeladen.
Dieses Mal konnte Herr Prof. Dr. Fernando Galindo Ayuda als Referent gewonnen werden. In englischer Sprache hielt er einen Vortrag über „Technologies and administration of justice: several problems and a solution“. Fernando Galindo Ayuda ist emeritierter Professor für Rechtsphilosophie der Universität Saragossa. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören neben der Rechtsphilosophie insbesondere die Bereiche „Ethik und Recht“ sowie „Informatik und Recht“. In diesem Zusammenhang war er auch bis 2019 Leiter der Forschungsgruppe „Datenschutz, Dokumentation und Multikulturalismus“ (ESP).
Der Vortrag rückte die Frage in den Mittelpunkt, welche Rolle den Juristinnen und Juristen in demokratischen Rechtssystemen zukommt. Deren Bestimmung ist in der heutigen Zeit umso schwieriger, als Juristinnen und Juristen bei ihrer Berufsausübung auf Informations- und Kommunikationstechnologien zurückgreifen. Eine kommunikative Theorie soll bei der Einordnung dieser Rolle behilflich sein.
Nach einer kurzen allgemeinen Einleitung stellte Herr Prof. Dr. Fernando Galindo Ayuda einige spanische Reformvorschläge aus einer technologischen Perspektive vor, die bis in die 1980er Jahre zurückgehen. Konkret ging es um die Vorschläge, inwiefern Informations- und Kommunikationstechnologien etwa in der Justizverwaltung eingesetzt werden können. Dabei ließen sich eindrucksvoll die technologischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte nachzeichnen. Diese bildeten auch die Bandbreite der Reformen ab, angefangen vom Einsatz von Textverarbeitungsprogrammen bis hin zur Implementierung von elektronischen Verfahrensprozessen.
Vielfach werden Informations- und Kommunikationstechnologien als unabdingbare Voraussetzung für ein fortschrittliches Rechtssystem angesehen. So ist auch das Ziel des brasilianischen oder spanischen Gesetzgebers, durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien, insb. auch von künstlicher Intelligenz, die Effizienz der Justizverwaltung zu steigern.
Nach Ansicht von Herrn Prof. Galindo Ayuda darf aber die Steigerung von Effizienz nicht alleiniger Bezugspunkt von Reformvorhaben sein. So muss juristisches Handeln den Grundsätzen demokratischer Prinzipien entsprechen, was mehr erfordert als die Effizienz dessen. Um die Bedeutung der heutigen demokratischen Prinzipien und die Rolle der Juristinnen und Juristen in einem demokratischen Rechtssystem zu verstehen, biete sich ein Rückgriff auf die sog. Kommunikative Theorie an. Diese Theorie legt den komplexen Handlungsspielraum der Juristen in der Informations- und Kommunikationstechnologie fest. Hiernach sollte neben der Forderung nach effizientem Handeln nicht vergessen werden, dass insbesondere bei Gerichtsverfahren eine demokratische Rechtsanwendung neben der Effizienz auch erfordert, dass eine Abwägung stattfindet und Entscheidungen auch auf Grundlage von Empathie, Partizipation und Konsens erfolgen sollen.
Insgesamt müssen nach Ansicht des Vortragenden damit Vorschläge zu den demokratischen Anforderungen eines Rechtsstaats betonen, dass die Rechtsanwendung mehr als nur effizientes Handeln beinhaltet. Informations- und Kommunikationstechnologien können die Umsetzung demokratischer politischer Systeme im Rechtssystem erleichtern, solange die Akteure sich in Erinnerung rufen, welche demokratischen Qualitäten und Anforderungen an die Tätigkeit der Juristinnen und Juristen gestellt werden, und solange sie wissen, welche Rolle die kommunikative Theorie des Rechts spielt.
Abgerundet wurde die Veranstaltung mit einer spannenden Diskussion. Hier wurden Fragen erörtert, wie etwa die Digitalisierung in Rechtsvorschriften umgesetzt werden kann, insbesondere ohne auch Menschen „abzuhängen“, die wenig technisches Verständnis aufweisen. Zudem wurde erörtert, inwiefern sich die Debatten mit Blick auf den Technologieeinsatz in Deutschland und Spanien unterscheiden.
Über die Ringvorlesung "Automatisierte Systeme"
Nähere Informationen über die Ringvorlesung "Automatisierte Systeme" sowie weitere Rückblicke auf vergangene Veranstaltungen finden Sie hier.
Über das Interdisziplinäre Institut für Automatisierte Systeme e.V. (RifaS)
Das Institut wurde im Herbst 2017 gegründet und steht für eine interdisziplinäre, nationale und internationale Forschung in verschiedenen Bereichen automatisierter Systeme. Die Forschungsbereiche lassen sich in Verkehr und Mobilität, Produktion und Wirtschaft sowie Medizin unterteilen. Das Institut bringt sowohl Wissenschaftler als auch Praktiker zusammen und ist nicht nur in der Forschung aktiv, sondern auch in der Lehre.
Informationen zu aktuellen Veranstaltungen finden sich stets auf www.rifas.de.