Der Lehrstuhl für Zivilrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht (Prof. Dr. Buck-Heeb) und der Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Zivil- und Handelsrecht (Prof. Dr. Oppermann) präsentierten zusammen mit dem Interdisziplinären Institut für Automatisierte Systeme e.V. (RifaS) in der für das Jahr 2022 letzten Ringvorlesung „Automatisierte Systeme“ einen hochinteressanten Vortrag zum Thema „Kryptowerte und Kryptodienstleister: Aktueller Stand und Ausblick“ am 08.11.2022: Herr RA Alireza Siadat, M.J.I., der Vortragende, ist auf diesem Rechtsgebiet sehr gut ausgewiesen. Er berät in seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt bei „Annerton“ verschiedene Mandanten bei aufsichtsrechtlichen Fragestellungen rund um das Thema Krypto und hat hierzu bereits international mehrere Vorträge dazu gehalten.
Herr Siadat begann seine Ausführungen mit einer Einordnung der Begriffe „Kryptowerte“ und „Kryptoassets“. Dabei grenzen sich diese digitalen Vermögenswerte von den physischen Vermögenswerten ab. Gleichzeitig können sie aber auch eigene Währungen darstellen, hinter denen keine physische Sache steht (z.B. Bitcoin).
Neben den Utility Token werden hauptsächlich noch Security/Investment Token, Payment/Currency Token und Anlagetoken unterschieden. Daneben gibt es jedoch noch weitere Kategorien. Dazu gehört beispielsweise die nicht-austauschbaren (non fungible) Tokens („NFT“), die weltweit in ihrer Bekanntheit steigen, indem immer mehr NFT-Kunst entsteht.
Die Regulierung dieser Token setzt seit der 5. Geldwäscherichtlinie (Anti-Money Laundering Directive, AMLD) von 2018, die bis Januar 2020 in nationales Recht umzusetzen war, direkt bei den Intermediären an. Darüber sollen möglichst viele Informationen gewonnen werden, indem die neuen Verpflichteten die wahre Identität hinter den Public Keys verknüpfen müssen. Diese Verpflichteten wurden daher ergänzt um all jene, die Kryptowährungen in Fiat-Geld umtauschen, und alle Anbieter von elektronischen Geldbörsen. Des Weiteren sind Kryptowerte § 1 Abs. 1 S. 4 KWG zusätzlich als Finanzinstrumente qualifiziert worden, wobei reine Utility-Token davon ausgenommen sind.
Das Merkmal des Kryptowerts funktioniert dabei als Auffangtatbestand. So erfüllt beispielsweise Bitcoin streng genommen nicht alle Voraussetzungen eines Kryptowerts, denn El Salvador akzeptiert seit einiger Zeit BTC (Bitcoin) als offizielles Zahlungsmittel und sichert allen die Auszahlung in Dollar zu. Das entbehrt einen Kryptoverwahrer jedoch nicht vor dem Aufsichtsrecht, sondern würde Bitcoin als Währung weiterhin unter die aufsichtsrechtlichen Reglungen des KWG stellen und eine Erlaubnispflicht zur Folge haben.
Die bestehende „Limited Range“ Ausnahme für diese Erlaubnispflicht hat Herr Siadat anschließend in einem anschaulichen Beispiel erklärt. Somit könnte ein Krypto-Bonuspunkte-System ohne eine aufsichtsrechtliche Regulierung aufgesetzt werden, wenn sich die damit verbundene Zahlungsfunktion auf einen engen Dienstleistungs- oder Warenbereich fokussiert.
Das Kryptoverwahrgeschäft ist nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG definiert. Dies wird rechtlich vom Depotgeschäft umfasst und erlaubt es, dass die Verwahrstellen, die schon eine Erlaubnis für das Depotgeschäft besitzen, dieses auf Kryptowerte und kryptografische Schlüssel ausweiten, ohne eine zusätzliche Erlaubnis einzuholen. Zusätzlich wurde der Tatbestand des Kryptowertpapierregisterführers eingeführt (§ 1 Abs. 1a Nr. 8 KWG).
Nach einer abschließenden Darstellung der Entwicklung, die virtuelle Währungen, Bitcoin und Kryptowerte international durchlaufen haben, beantwortete Herr Siadat die anstehenden Fragen aus dem Plenum. Die Diskussion spannte sich dabei von der Akzeptanz von Bitcoins als Währung durch El Salvador bis zum Kursverfall des FTT Coins.
Die nächste Veranstaltung der Ringvorlesung findet am 17.01.2023 statt.
Verfasst von Corvin Hennig.
Über die Ringvorlesung "Automatisierte Systeme"
Nähere Informationen über die Ringvorlesung "Automatisierte Systeme" sowie weitere Rückblicke auf vergangene Veranstaltungen finden Sie hier.
Über das Interdisziplinäre Institut für Automatisierte Systeme e.V. (RifaS)
Das Institut wurde im Herbst 2017 gegründet und steht für eine interdisziplinäre, nationale und internationale Forschung in verschiedenen Bereichen automatisierter Systeme. Die Forschungsbereiche lassen sich in Verkehr und Mobilität, Produktion und Wirtschaft sowie Medizin unterteilen. Das Institut bringt sowohl Wissenschaftler als auch Praktiker zusammen und ist nicht nur in der Forschung aktiv, sondern auch in der Lehre.
Informationen zu aktuellen Veranstaltungen finden sich stets auf www.rifas.de.