Am 11. März 2021 fand die von dem Fachschaftsrat Jura organisierte Veranstaltung mit der psychisch-therapeutischen Beratung (ptb) der Leibniz Universität Hannover statt. Unser Gast der ptb war Christiane Maurer, Dipl.-Psychologin und seit 10 Jahren Leiterin der ptb.
Frau Maurer berichtete zunächst über die Arbeit der ptb und nannte uns grobe Fakten zu der Zahl der Studierenden, die die Beratungsstelle aufsuchen. Pro Jahr seien dies rund 1000 Studierende. Meist nur indirekt habe die Belastung, die zu Stress oder psychischen Problemen führt, mit dem Studium zu tun. Genereller Stress resultiere eher daraus, dass eine Schwierigkeit als Herausforderung angesehen und diese dann zu einem unüberwindbaren Hindernis werde. Eine Studie der Uni Konstanz zeige auf, dass im Studium meist die Prüfungsdichte und die gestellten Leistungsanforderungen Probleme, Stress und Unwohlsein bei den Studierenden hervorrufen. Dabei sagten 90% der Jurastudierenden, dass die Leistungsanforderungen ihr Leben bestimmen, 78% empfänden die Prüfungen als sehr belastend und 57% der Jurastudierenden litten unter dem starken Konkurrenzdenken ihrer Kommilitoninnen und Kommilitonen. In Hannover fielen solche Werte jedoch nicht auf, da nur knapp 2% der Studierenden, die zur ptb kommen, aus dem Fach der Rechtswissenschaften kämen.
Oft merke man selbst zuerst, dass es einem nicht gut gehe oder etwas nicht stimme. Psychischer Stress äußere sich in den meisten Fällen zuerst durch eine Änderung der Stimmungslage, fehlende Motivation und eine generelle Unzufriedenheit. Bei chronischem Stress kämen psychosomatische Symptome hinzu, wie z.B. Schlafschwierigkeiten, häufigere Krankheiten und Schmerzen in häufigerem Ausmaß. Oft werde man auch dünnhäutiger in allen Lebenslagen, sei näher am Wasser gebaut, als man es eigentlich von sich gewohnt ist. Mit all diesen Symptomen signalisierten der Körper und die Psyche, dass eine Pause dringend nötig ist. Wenn man merke, dass man allein nicht aus dieser Spirale herauskommt, sei es kein Problem, sich Hilfe zu suchen. Diese müsse nicht immer professioneller Natur sein, auch mit Freunden oder Verwandten zu reden könne helfen. Um selbst etwas gegen Stress zu tun, könne man z.B. frühzeitig mit der Planung für die Klausuren und Prüfungsleistungen beginnen, Prioritäten setzen und kleinere, regelmäßigere Pausen nach großen Herausforderungen einsetzen. Ein gutes Zeitmanagement und sich eigene Schwächen einzugestehen, könne dabei helfen. Zudem helfe das soziale Umfeld enorm, sich nicht allein zu fühlen und habe eine unglaublich starke unterstützende Wirkung. Helfen könne es außerdem, sich mit Tatsachen abzufinden, die man selbst nicht ändern kann, aber zu lernen, wie man mit den daraus resultierenden Konsequenzen umgeht. Frau Maurer brachte ein dazu sehr passendes Beispiel: Man könne nicht ändern, dass es regnet. Aber man könne ändern, dass man nass wird, indem man sich mit einem Regenschirm schützt.
Frau Maurer beantwortete auch die Frage, was man tun könne, wenn man merke, dass es einem Freund oder einer Freundin nicht gut geht. Zunächst sei die Frage „Wie geht es dir?“ immer ein guter erster Schritt. Auch könne man Hilfe anbieten oder Stellen nahelegen, die Hilfe anbieten. Dies sollte immer nach dem Motto „Fragen darf man – Antworten erwarten nicht.“ geschehen. Hartnäckigkeit sei dabei entgegen der Auffassung der meisten Menschen nicht schlimm, sondern helfe dem/der Betroffenen, sich irgendwann vielleicht doch zu öffnen. Dazu bedürfe es von dem/der Betroffenen Mut, sich anderen zuzumuten. Es gebe nichts, worüber man nicht sprechen kann, solange nicht gewertet, also nur zugehört und nicht Rat gegeben oder kommentiert werde.
Viele der Studierenden interessiert es, wie man dem gesellschaftlichen Leistungsdruck entgegenwirken kann. Frau Maurer hat dazu folgende Tipps: Zunächst solle jede und jeder für sich überdenken, ob der Druck wirklich von der Gesellschaft kommt oder doch von einem selbst. Dabei könnten die Fragen „Wer sagt, dass ich gute Noten schreiben muss?“ und „Wer will, dass ich das Studium in Regelstudienzeit oder unter der Regelstudienzeit schaffen muss?“ helfen. Glaubenssätze wie „Jede gute Juristin und jeder gute Jurist hat ein Prädikatsexamen“ sollten nicht unreflektiert von anderen Kommilitoninnen und Kommilitonen oder Verwandten übernommen werden, sondern für sich auf die individuelle Situation ausgelegt werden. Anstatt die Glaubenssätze einfach zu übernehmen, eigne es sich viel mehr, diese Sätze in die „Ich will“- oder „Ich kann“-Form umzuformulieren. Das lindere den Druck sofort, weil dann die Wünsche und Möglichkeiten von der Gesellschaft oder anderen abgetrennt werden könnten. So könne man sehen, was man wirklich will, wofür man bestimmte Leistungen im Studium wirklich benötigt und könne seine Ziele konkret individuell formulieren.
Zum Ende der Veranstaltung wurden noch Parallelen zwischen der COVID-19-Pandemie und der Zunahme an psychischen Problemen gezogen und Frau Maurer ging auf die Fragen und Erfahrungsberichte der Zuhörenden und Studierenden ein.
Wir haben uns gefreut, dass die Veranstaltung so gut angenommen wurde, und hoffen, dass sie Euch geholfen und Euch etwas die Angst vor der ptb genommen hat. Niemand muss allein sein, jedem kann geholfen werden. Wenn Ihr Fragen, Anmerkungen, Wünsche oder Ideen für zukünftige Veranstaltungen habt, könnt Ihr Euch jederzeit an die E-Mail Adresse stress@fsr-jura.uni-hannover.de wenden, auf die nur Johanna Lange als Vertrauensperson des FSR Zugriff hat. Bitte beachtet, dass wir unter der genannten Email-Adresse keine Beratung durchführen können. Hierfür wendet Euch bitte stattdessen direkt an die ptb.
Verfasst von Johanna Lange.
Was ist die Fachschaft?
Der Fachschaftsrat (FSR) ist die Interessenvertretung der Studierenden an der Juristischen Fakultät. Umgangssprachlich spricht man manchmal auch von der „Fachschaft Jura Hannover“, aber das ist nicht ganz richtig. Die Fachschaft sind nämlich alle Jurastudierenden in Hannover. Die Fachschaft wählt einmal im Jahr den Fachschaftsrat, der dann die Interessen der Fachschaft vertritt. Nach § 20 NHG sind das nicht nur hochschulpolitische Interessen, sondern auch soziale und kulturelle Belange und die Förderung der politischen Bildung. Weitere Informationen…