Newsletterausgabe #8 vom 24. August 2020
Herzlich willkommen zur nächsten Ausgabe unseres Newsletters, in der wir uns über ein Editorial von Herrn Prof. Dr. Bernd-Dieter Meier freuen. Wie üblich haben wir wieder die Neuigkeiten der vergangenen 14 Tage und ein paar Veranstaltungstermine zusammengetragen und enden mit einem kleinen Überblick über aktuelle Rechtsprechung. Wir wünschen eine gewinnbringende Lektüre! Falls Sie den Newsletter noch nicht abonniert haben, können Sie das hier nachholen.
— Das Web-Team der Juristischen Fakultät Hannover
Corona: Warum wissen wir was richtig ist?
Liebe Studierende, liebe Mitglieder der Fakultät,
wie viele Menschen kennen Sie eigentlich persönlich, die mit dem Corona-Virus infiziert sind? Ich selbst kenne keinen. Trotzdem weiß ich natürlich, dass es das Virus SARS-CoV-2 gibt und dass es im Fall der Übertragung erhebliche Schäden anrichten kann, die bis zum Tod führen können. Klar ist deshalb für mich, dass ich versuche mich selbst und andere davor zu schützen, indem ich die Abstandsregeln einhalte und im Zweifel eine Mund-Nasen-Bedeckung trage. Die meisten von Ihnen werden das ähnlich handhaben.
Aber warum handeln wir eigentlich so? Woher beziehen wir unser Wissen und warum glauben wir, dass die Informationen, die wir über das Virus haben, richtig sind? Es liegt auf der Hand, dass es letztlich die Medien sind, über die und aus denen wir unsere Informationen beziehen. Wer aber sind „die Medien“? Woher beziehen sie die Informationen, die sie an uns weiterleiten? Und welche dieser Medien nehmen wir eigentlich zu Kenntnis, was bestimmt unsere Auswahl und wie intensiv informieren wir uns?
Den Fragen genauer nachzugehen, lohnt schon deshalb, weil genau hier vermutlich der Ursprung zahlreicher gesellschaftlicher Konflikte liegt, die früher oder später auch zu Rechtsfragen führen. Nehmen Sie den Fall des hannoverschen Polizeibeamten F. (Artikel auf zeit.de), der vor kurzem bei einer Demonstration in Dortmund das Wort ergriff, die Corona-Schutzmaßnahmen anprangerte und Politik und Medien der Lüge zieh. Der Polizeibeamte gehört einer wachsenden Gruppe von Menschen an, die man als „Querdenker“ bezeichnet: Ihre politischen Einstellungen verlaufen quer zu den üblichen politischen Rechts-/Links-Orientierungen; sie sind typischerweise elitenfeindlich eingestellt und glauben gerade nicht an die Ereignisse und Entwicklungen, über die nach journalistischer Recherche und Bewertung in den Medien berichtet wird. Sie glauben an „alternative Fakten (wikipedia.org)“, die ihnen irgendwie plausibel erscheinen.
Bei den Fragen, mit denen wir uns in der letzten Zeit am Lehrstuhl beschäftigt haben, geht es unter anderem um die Analyse von Radikalisierungsprozessen: Was führt bei manchen zur Entstehung von radikalen, extremistischen Einstellungen? Wann führen solche Einstellungen zu den entsprechenden Handlungen bzw. zu Straftaten? Beinahe noch wichtiger für uns war dann aber auch die gegenläufige Frage: Kann man solche Prozesse „umdrehen“? Lassen sich Menschen auch wieder „deradikalisieren“ (Forschungsprojekt radigz.de)? Lassen sich aus Extremisten wieder „Normalbürger“ machen, die wieder an Werte wie die allgemeinen Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit glauben? Dass die Auseinandersetzung mit diesen Fragen gerade im strafrechtlichen Kontext allerhöchste Priorität haben muss, folgt aus der altbekannten Tatsache, dass das Strafrecht ja nur die rechtlichen Grenzen der allgemeinen Handlungsfreiheit bestimmt. Das Strafrecht legt fest, ob es zulässig ist, Politik und Medien der Lüge zu zeihen. Das Strafrecht interessiert sich aber nicht für die Frage, welche Schlussfolgerungen ein „Querdenker“ zieht, wenn er beispielsweise wegen Übler Nachrede (§ 186 StGB) zu einer Geldstrafe verurteilt wird. Für das geordnete Zusammenleben und die Verringerung des Risikos weiterer Straftaten ist diese Frage nach dem „Empfängerhorizont“ und den Wirkungen der Strafe dennoch nicht weniger wichtig.
Die Corona-Krise, der Klimawandel, vor einem halben Jahrzehnt die Flüchtlingskrise, vor noch längerer Zeit die Bankenkrise – alle diese Stichworte beschreiben gesellschaftliche Lagen, in denen es schwierig ist, sich richtig zu informieren, die Hintergründe und komplexen Zusammenhänge zu durchschauen und sich eine Meinung zu bilden. In diesen Lagen wächst die Gefahr, dass Informationen nur noch selektiv wahrgenommen und weitergegeben werden und man sich im wahrsten Sinne des Wortes eine „eigene Meinung“ bildet, die auf vermeintlich einfache Lösungen abzielt. Der „Kipppunkt“ ist schnell erreicht. Der Frage, woher wir unsere Informationen beziehen, kommt dabei eine wichtige Funktion zu. Ganz grob lässt sich vermutlich sagen, dass geprüfte, redaktionell bearbeitete Medieninhalte in der Regel verlässlicher sind als unbearbeitete Informationen, die über die sozialen Medien verbreitet werden. Und dass öffentlich-rechtliche Medien, in deren Aufsichtsgremien unterschiedliche Vertreter gesellschaftlicher Gruppen sitzen, über ein breiteres und ausgewogeneres Spektrum an Informationen berichten als andere.
Bleiben Sie im Umgang mit den Medien deshalb kritisch und aufmerksam.
Ihr Bernd-Dieter Meier
Neuigkeiten
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Aktuelle Rechtsprechung
Zur Vorbereitung auf das Examen bietet die Juristische Fakultät mit JurOnlineRep eine Datenbank zur Übersicht über die aktuellste Rechtsprechung mit Examensrelevanz.
Ein paar der jüngsten Entscheidungen finden Sie im folgenden: - OLG Braunschweig, Beschluss vom 27.02.2019 – 9 U 48/18
Ein Quad-Fahrer, der bei guten Sicht- und Witterungsverhältnissen im Verlauf einer Geraden von über 100 m, die er auf einem Wirtschaftsfahrweg durch die Feldmark befährt, mit einer Geschwindigkeit von 60-70 km/h ungebremst in einen auf dem Weg von Weitem erkennbar gelagerten 80-90 cm hohen Schotterhaufen gerät und dadurch mit dem Quad stürzt, trifft hinsichtlich der Schadensentstehung ein so hohes Mitverschulden, dass die Haftung des Eigentümers des Wirtschaftsweges aus Verkehrssicherungspflichtverletzung dahinter vollständig zurücktritt.
- AG Hannover, Urteil vom 04.05.2020 – 474 C 13200/19
Einem Mieter, der mit Glasscherben ummantelte „Polenböller“ in seiner Wohnung lagert, um damit eine Rattenplage zu bekämpfen, darf außerordentlich gekündigt werden.
- BGH, Urteil vom 12.09.2019 – 5 StR 325/19
Ein Fahrlässigkeitsvorwurf kann dadurch begründet werden, dass ein Drogenkurier nicht in der Lage ist, die tatsächlich transportierende Menge an Drogen festzustellen und mehr Drogen als angenommen transportiert.
- VG Berlin, Beschluss vom 10.07.2020 – VG 34 L 225/20
(nicht rechtskräftig) Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes verletzen Berufsfreiheit von Reiseunternehmern „offensichtlich nicht“.
Kontakt
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