Der Antragssteller begehrt im einstweiligen Rechtsschutz ein Außervollzugsetzen der "Lockdown-Verordnung" für die Landkreise Gütersloh und Warendorf. "Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend: Die mit der Coronaregionalverordnung normierten Beschränkungen stellten einen Verstoß gegen sein Grundrecht auf Freizügigkeit und das Recht der allgemeinen Handlungsfreiheit dar. Er werde daran gehindert, sich in der Öffentlichkeit mit Freunden, Nachbarn und Bekannten zu treffen oder gemeinsam mit diesen eine gastronomische Einrichtung aufzusuchen. Zudem sei er Mitglied eines Fitnessstudios (...) und könne dieses wegen der vorübergehenden Schließung nicht nutzen. Er gehe überdies davon aus, dass seine Urlaubsbuchungen in Thüringen und Österreich im Juli 2020 storniert würden, weil er nunmehr Bewohner eines „Risikogebietes“ sei. Die Maßnahmen seien unverhältnismäßig. Die Verordnung sei räumlich zu weit gefasst, weil in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden Versmold, Borgholzhausen, Werther, Halle (Westf.), Steinhagen und Schloß Holte-Stukenbrock nur äußerst geringe Infektionszahlen festgestellt worden seien und dort nur wenige oder gar keine Beschäftigten der Tönnies-Betriebe mit ihren Familien lebten. Ferner sei dem seuchenrechtlichen Effektivitätsgedanken bereits durch die Allgemeinverfügung des Kreises Gütersloh hinreichend Rechnung getragen, mit der gegenüber allen auf dem Betriebsgelände der Firma Tönnies tätigen Personen sowie deren Mitbewohnern eine Quarantäneanordnung erlassen worden sei. Es sei auch nicht gerechtfertigt, dass in den Bundesländern Bayern und Mecklenburg-Vorpommern für alle Einwohner des Kreises Gütersloh ein Einreiseverbot ausgesprochen worden sei. Er werde durch die Maßnahmen stigmatisiert. Schließlich verletzten die Regelungen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Es sei sachlich nicht gerechtfertigt, auch die kreisangehörigen Städte mit geringen Infektionszahlen in den Geltungsbereich der Verordnung einzubeziehen (...)." Soweit sich der Antragsteller darüber hinaus auf eine Verletzung von Art. 11 Abs. 1 GG beruft, ist darauf hinzuweisen, dass Freizügigkeit das Recht bedeutet, an jedem Ort innerhalb des Bundesgebiets Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen. Der eigenständige Schrankenvorbehalt des Art. 11 Abs. 2 GG, der Beschränkungen nur aus besonders gewichtigen Anlässen erlaubt, indiziert, dass Art. 11 Abs. 1 GG nur Verhaltensweisen erfasst, die sich als Fortbewegung im Sinne eines Ortswechsels qualifizieren lassen und dadurch eine über die insbesondere durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte körperliche Bewegungsfreiheit hinausgehende Bedeutung für die räumlich gebundene Gestaltung des alltäglichen Lebenskreises haben. Die grundgesetzlich geschützte Freizügigkeit ist mithin nicht im Sinne einer allgemeinen räumlich-körperlichen Bewegungsfreiheit zu verstehen (...). Nach dieser Maßgabe ist weder nachvollziehbar vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Regelungen in der Coronaregionalverordnung den Antragsteller möglicherweise in seinem Recht auf Freizügigkeit beeinträchtigen." Die angegriffenen Maßnahen sützen sich auf § 28 I S. 1 IfSG, wonach die zuständige Behörde die "notwendigen Schutzmaßnahmen" erlässt. Ermessensfehler der Behörde sind hier nicht ersichtlich. Zunächst sei "unzweifelhaft", dass die zuständige Behörde Maßnahmen auch gegen Nichtstörer erlassen könne, wenn ein Einschreiten gegen Störer nicht hinreichend erfolgsversprechend sei. Letzteres sei der Fall, da nicht einmal klar sei, wer Störer (= Infizierter) ist und wer nicht. Auch sei der Lockdown verhältnismäßig, insbesondere erforderlich, da nicht klar sei, wer von den infizierten Mitarbeitern des Schlachtbetriebes bereits angesteckt worden sei, so dass etwa eine Quarantäne für alle Schlachthofmitarbeiter keine gleichwirksame Alternative darstelle. Gleiches gelte hinsichtlich der Idee, den Lockdown nur für einzelne Städte oder Gemeinden zu verfügen. Die Angemessenheit der Regelung folge nicht zuletzt auch daraus, dass der "Lockdown" zunächst auf eine Woche befristet ist, innerhalb derer möglichst umfassende Coronatest organisiert werden sollen, die Ablauf der Woche zielgenauere Maßnahmen ermöglichen sollen. Zudem blieben Treffen im familären Umfeld sowie in häuslicher Umgebung zulässig; darüber hinaus gölten Sperrverfügungen für zahlreiche Aktivitäten nur in Innenräumen, nicht aber im Freien. Schließlich sei es auch ermessensfehlerfrei, wenn der Verordnungsgeber mit dem Ziel, direkte Kontakte zwischen Menschen möglichst zu unterbinden, in typisierender Art und Weise einige Tätigkeiten untersage und andere nicht. Darin, dass ein strenger Lockdown nur für zwei Landkreise verfügt worden sei, liege auch kein Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot. Dieses erfordere nämlich gerade, wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeltn. Ein Coronaasubruch mit über 1000 Infizierten in einem Landkreis stelle eine solche Ungleichheit im Verhältnis zu anderen Landkreisen dar. Zu guter Letzt stigmatisiere die Regelung den Antragssteller auch nicht. So stellten etwa Quarantäneregelungen und Beherbergungsverbote anderer Bundesländer nicht auf die Coronoregionalverordnung ab, sondern abstrakt auf bestimmte Infektionszahlen. Der Antrag hat daher keinen Erfolg. Wenige Tage später gab das OVG jedoch einer anderen Antragsstellerin recht: Nachdem nunmehr umfassende Coronatests durchgeführt wurden, ausweislich derer die Infektionszahlen in einigen Städten und Gemeinden signifikant höher liegen als in anderen, sei eine Regelung, nach der ein Lockdown nach wie vor für den gesamten Kreis Gütersloh (nicht aber Warenfels) gelten sollte, als nicht mehr als verhältnismäßig anzusehen. Erforderlich sei vielmehr eine differenzierte Regelung. Urteil frei zugänglich
Der Antragssteller begehrt im einstweiligen Rechtsschutz ein Außervollzugsetzen der "Lockdown-Verordnung" für die Landkreise Gütersloh und Warendorf. "Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend: Die mit der Coronaregionalverordnung normierten Beschränkungen stellten einen Verstoß gegen sein Grundrecht auf Freizügigkeit und das Recht der allgemeinen Handlungsfreiheit dar. Er werde daran gehindert, sich in der Öffentlichkeit mit Freunden, Nachbarn und Bekannten zu treffen oder gemeinsam mit diesen eine gastronomische Einrichtung aufzusuchen. Zudem sei er Mitglied eines Fitnessstudios (...) und könne dieses wegen der vorübergehenden Schließung nicht nutzen. Er gehe überdies davon aus, dass seine Urlaubsbuchungen in Thüringen und Österreich im Juli 2020 storniert würden, weil er nunmehr Bewohner eines „Risikogebietes“ sei. Die Maßnahmen seien unverhältnismäßig. Die Verordnung sei räumlich zu weit gefasst, weil in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden Versmold, Borgholzhausen, Werther, Halle (Westf.), Steinhagen und Schloß Holte-Stukenbrock nur äußerst geringe Infektionszahlen festgestellt worden seien und dort nur wenige oder gar keine Beschäftigten der Tönnies-Betriebe mit ihren Familien lebten. Ferner sei dem seuchenrechtlichen Effektivitätsgedanken bereits durch die Allgemeinverfügung des Kreises Gütersloh hinreichend Rechnung getragen, mit der gegenüber allen auf dem Betriebsgelände der Firma Tönnies tätigen Personen sowie deren Mitbewohnern eine Quarantäneanordnung erlassen worden sei. Es sei auch nicht gerechtfertigt, dass in den Bundesländern Bayern und Mecklenburg-Vorpommern für alle Einwohner des Kreises Gütersloh ein Einreiseverbot ausgesprochen worden sei. Er werde durch die Maßnahmen stigmatisiert. Schließlich verletzten die Regelungen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Es sei sachlich nicht gerechtfertigt, auch die kreisangehörigen Städte mit geringen Infektionszahlen in den Geltungsbereich der Verordnung einzubeziehen (...)."
Soweit sich der Antragsteller darüber hinaus auf eine Verletzung von Art. 11 Abs. 1 GG beruft, ist darauf hinzuweisen, dass Freizügigkeit das Recht bedeutet, an jedem Ort innerhalb des Bundesgebiets Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen. Der eigenständige Schrankenvorbehalt des Art. 11 Abs. 2 GG, der Beschränkungen nur aus besonders gewichtigen Anlässen erlaubt, indiziert, dass Art. 11 Abs. 1 GG nur Verhaltensweisen erfasst, die sich als Fortbewegung im Sinne eines Ortswechsels qualifizieren lassen und dadurch eine über die insbesondere durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte körperliche Bewegungsfreiheit hinausgehende Bedeutung für die räumlich gebundene Gestaltung des alltäglichen Lebenskreises haben. Die grundgesetzlich geschützte Freizügigkeit ist mithin nicht im Sinne einer allgemeinen räumlich-körperlichen Bewegungsfreiheit zu verstehen (...). Nach dieser Maßgabe ist weder nachvollziehbar vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Regelungen in der Coronaregionalverordnung den Antragsteller möglicherweise in seinem Recht auf Freizügigkeit beeinträchtigen."
Die angegriffenen Maßnahen sützen sich auf § 28 I S. 1 IfSG, wonach die zuständige Behörde die "notwendigen Schutzmaßnahmen" erlässt. Ermessensfehler der Behörde sind hier nicht ersichtlich. Zunächst sei "unzweifelhaft", dass die zuständige Behörde Maßnahmen auch gegen Nichtstörer erlassen könne, wenn ein Einschreiten gegen Störer nicht hinreichend erfolgsversprechend sei. Letzteres sei der Fall, da nicht einmal klar sei, wer Störer (= Infizierter) ist und wer nicht. Auch sei der Lockdown verhältnismäßig, insbesondere erforderlich, da nicht klar sei, wer von den infizierten Mitarbeitern des Schlachtbetriebes bereits angesteckt worden sei, so dass etwa eine Quarantäne für alle Schlachthofmitarbeiter keine gleichwirksame Alternative darstelle. Gleiches gelte hinsichtlich der Idee, den Lockdown nur für einzelne Städte oder Gemeinden zu verfügen. Die Angemessenheit der Regelung folge nicht zuletzt auch daraus, dass der "Lockdown" zunächst auf eine Woche befristet ist, innerhalb derer möglichst umfassende Coronatest organisiert werden sollen, die Ablauf der Woche zielgenauere Maßnahmen ermöglichen sollen. Zudem blieben Treffen im familären Umfeld sowie in häuslicher Umgebung zulässig; darüber hinaus gölten Sperrverfügungen für zahlreiche Aktivitäten nur in Innenräumen, nicht aber im Freien.
Schließlich sei es auch ermessensfehlerfrei, wenn der Verordnungsgeber mit dem Ziel, direkte Kontakte zwischen Menschen möglichst zu unterbinden, in typisierender Art und Weise einige Tätigkeiten untersage und andere nicht.
Darin, dass ein strenger Lockdown nur für zwei Landkreise verfügt worden sei, liege auch kein Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot. Dieses erfordere nämlich gerade, wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeltn. Ein Coronaasubruch mit über 1000 Infizierten in einem Landkreis stelle eine solche Ungleichheit im Verhältnis zu anderen Landkreisen dar.
Zu guter Letzt stigmatisiere die Regelung den Antragssteller auch nicht. So stellten etwa Quarantäneregelungen und Beherbergungsverbote anderer Bundesländer nicht auf die Coronoregionalverordnung ab, sondern abstrakt auf bestimmte Infektionszahlen.
Der Antrag hat daher keinen Erfolg.
Wenige Tage später gab das OVG jedoch einer anderen Antragsstellerin recht:
Nachdem nunmehr umfassende Coronatests durchgeführt wurden, ausweislich derer die Infektionszahlen in einigen Städten und Gemeinden signifikant höher liegen als in anderen, sei eine Regelung, nach der ein Lockdown nach wie vor für den gesamten Kreis Gütersloh (nicht aber Warenfels) gelten sollte, als nicht mehr als verhältnismäßig anzusehen. Erforderlich sei vielmehr eine differenzierte Regelung.