Das niedersächsische OVG traf binnen weniger Tage zwei Entscheidungen zur Begrenzung der Teilnehmerzahl bei privaten Feierlichkeiten wie Hochzeiten, Konfirmationen, Begräbnissen etc. auf 50 Personen. Diese Begrenzung gem. § 1 V der nds. Corona-Verordnung stellt eine Ausnahme vom allgemeinen Versammlungsverbot dar. Während in der Fassung vom 10.07.2020 (zu der die erste Entzscheidung erging) nur ein allgemeines Versammlungsverbot für den öffentlichen Raum enthalten war, erstreckt die Fassung vom 31.07.2020 (zu der die zweite Entscheidung erging) das allgemeine Versammlungsverbot auch auf private Räumlichkeiten.
Amtlicher Leitsatz des OVG Lüneburg, Beschluss vom 29.07.2020 – 13 MN 280/20:
Die Teilnehmerbeschränkung in § 1 Abs. 5 der Nds. Corona-Verordnung vom 10. Juli 2020 (..) findet für die dort benannten Feiern (Hochzeiten etc.) keine Anwendung, wenn diese in privat angemieteten Räumlichkeiten für geladene und namentlich bekannte Gäste stattfinden.
Leitsatz zur Entscheidung des OVG Lüneburg, Beschluss vom 13.08.2020 – 13 MN 290/20:
Die Räumlichkeiten eines Anwesens, das aus weitläufigen Außenanlagen und mehreren Gebäuden besteht, rechtfertigt keine Feierlichkeit mit über 50 Personen. Die Corona-Pandemie rechtfertigt es, Feiern, bei denen es typischerweise zu überschwänglichen Handlungen kommt, in ihrer Teilnehmerzahl zu beschränken. Dies gilt unabhängig von dem verfügbaren Platzangebot.
Die Versagung von Veranstaltungen über 50 Personen in Niedersachsen begründet keine Benachteiligung im Hinblick auf die Gastronomie in anderen Bundesländern. Der Gleichheitsgrundsatz bindet nur den Verordnungsgeber in seinem Zuständigkeitsbereich.
Bereits am 22.05.2020 hatte das VG Berlin im Beschluss VG 14 L 144.20 entschieden, dass eine Begrenzung der Teilnehmerzahl bei Hochzeiten auf 20 Personen die Heiratswilligen nicht in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit verletzt. Aus der Pressemitteilung:
Bei der Beschränkung handele es sich um eine im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes getroffene Maßnahme. Sie diene dem legitimen Zweck, Neuinfektionen mit dem Coronavirus soweit wie möglich vorzubeugen und damit zugleich die Ausbreitungsgeschwindigkeit der übertragbaren Krankheit COVID-19 innerhalb der Bevölkerung zu verringern. Die Begrenzung der Anzahl der Teilnehmenden einer aus zwingenden Gründen erforderlichen Zusammenkunft sei zum Erreichen dieser Zwecke nicht erkennbar ungeeignet. Sie stelle sich vielmehr als ein grundsätzlich sinnvoller Bestandteil eines Maßnahmenbündels dar, um im Zusammenwirken mit weiteren Vorkehrungen Neuinfektionen mit dem Coronavirus vorzubeugen und die Ausbreitung von COVID-19 unter Kontrolle zu halten. Soweit die Antragstellerin versichert habe, eine Teilnehmerliste mit Kontaktdaten zu erstellen und auf Abstands- und Hygieneregeln zu achten, stelle dies kein gleich geeignetes, weniger eingreifendes Mittel dar, weil diese Vorkehrungen ohnehin, d.h. auch bei einer Feier mit bis zu 20 Personen, bereits zwingend vorgeschrieben seien. Der Ansatz des Verordnungsgebers, dass die tatsächliche Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln bei Zusammenkünften im privaten Bereich nur bei einer sehr überschaubaren Anzahl von Teilnehmenden noch mit einer gewissen Verlässlichkeit erwartet werden könne, erscheine ohne weiteres nachvollziehbar und plausibel. Unabhängig hiervon sei die Gefahr der Ansteckung bei einer größeren Teilnehmendenzahl statistisch entsprechend erhöht. Der Antragstellerin sei es vor dem Hintergrund voraussichtlich im Laufe des Jahres anstehender Lockerungen ferner zuzumuten, die geplante Feierlichkeit entweder einstweilen zu verschieben oder aber sich vorerst mit einer kleineren Feier zu begnügen.