OLG Hamm, Urteil vom 25.09.2020 – 12 U 91/18

Zur Beurteilung eines von einer Stadt abgeschlossenen "Werbevertrages" als Scheingeschäft.

Aus der Pressemitteilung:

Die klagende Großstadt (...) schloss mit der Beklagten (...) einen mit“Werbevertrag“ überschriebenen Vertrag. Mit diesem Vertrag verpflichtete sich die Beklagte, alle über die Kfz-Zulassungsstelle der klagenden Großstadt zugelassenen Kraftfahrzeuge mit einem 30 cm x 5 cm großen Werbeaufkleber der klagenden Großstadt, den diese zur Verfügung stellen sollte, zu versehen. Die Beklagte sollte für jedes während der Vertragslaufzeit über die Kfz-Zulassungsstelle der Beklagten zugelassene Kfz, das mit einem entsprechenden Werbeaufkleber versehen worden ist, 8,70 Euro netto erhalten (...).

Die klagende Großstadt verlangt in dem vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten die Rückzahlung von in den Jahren 2013, 2014 und 2015 nach diesem Werbevertrag geflossenen Zahlungenvon insgesamt gut 225.000 €. Ihre Forderung begründet sie damit, dass die Beklagte die von ihr zugesagten und in diesen Jahren abgerechneten Werbeleistungen nicht erbracht habe, weil die Werbeaufkleber auf den zugelassenen Fahrzeugen nicht angebracht worden seien.

Dagegen hat sich die Beklagte auf den Standpunkt gestellt, der Werbevertrag sei nur der Form halber aufgesetzt worden, um die Zahlungen an sie als Kostenposition haushaltsmäßigbesser darstellen zu können. Die klagende Großstadthabe vom hohen Wiedererkennungswert der typischen Nummernschilder für die Stadt profitieren wollen und auch ein Interesse gehabt, die Einnahmen aus den Zulassungskosten von etwa 26,00 € pro Fahrzeug, insgesamt also bis zu einer Viertelmillionen Euro pro Jahr, zu erhalten (...).

Die Großstadt könne – so der Senat – die Rück-zahlung von insgesamt gut 225.000 € für die Jahre 2013 bis 2015 verlangen (...). [Die] Bestellung von 13.200 Aufklebern zu Beginn des Vertragsverhältnisses [spreche] eher dafür, dass der abgeschlossene “Werbevertrag“ –jedenfalls zu-nächst – tatsächlich gelebt worden sei (...). Es könne auch nicht festgestellt werden, dass der Abschluss des “Werbevertrags“ gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen habeoder sittenwidrig sei.

Pressemitteilung vom 25.09.2020