Das BVerfG bekräftigt, dass die Auslegung des Unionsrechts dem EuGH obliege und es (das BVerfG) die Urteile des EuGH auch dann hinzunehmen habe, wenn sich diesen mit gewichtigen Argumenten entgegentreten ließe. Das gelte allerdings nur, solange der EuGH nicht objektiv willkürlich urteile. Diese Grenze sei in der Rechtsprechung zur Rechtmäßigkeit der EZB-Anleihenkaufprogramme überschritten.
Bei seiner Prüfung, ob die EZB im Rahmen ihrer Kompetenzen handele, habe sich der EuGH selbst die Beschränkung auferlegt, nur "offensichtliche" Kompetenzüberschreitungen zu beanstanden. Diese Selbsbeschränkung führe dazu, dass die EZB ihre Kompetenzen nach eigenem Gutdünken schleichend ausbauen könne. Damit könne die Methodik des EuGH nicht sicherstellen, dass das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 Abs. 1 AEUV) eingehalten werde. Mithin sei diese Methodik "schlechterdings nicht mehr vertretbar" und damit nicht von der dem EuGH in Art. 19 Abs. 1 S. 2 EUV eingeräumten Kompetenz gedeckt. Insofern stelle das Urteil des EuGH einen Ultra-vires-Akt dar.
Damit sei das BVerfG auch nicht an das Urteil des EuGH gebunden und habe stattdessen die Rechtmäßigkeit des Anleihenkaufprogrammes selbst zu beurteilen.
Auch die Beschlüsse der EZB zur Durchführung von Anleihenkaufprogrammen sah das BVerfG als Ultra-vires-Akt an. Konkret standen hier die sog. PSPP-Programme in Rede, die Teil eines größeren Anleihenkaufprogramms sind. Dabei erwirbt die EZB im wesentlichen Staatsanleihen. Diese Staatsanleihen werden zum großen Teil von Banken und Großinvestoren gekauft. Ziel ist es, dass diese diese das "frische", durch den Verkauf von Staatsanleihen eingenommene Geld in riskantere Papiere (Aktien etc.) investieren. Dadurch sollen sich die liquiden Mittel der Unternehmen, deren Aktien gekauft werden, erhöhen. Idealerweise führt dies zu "echten" Investitionen. Hierdurch erhöht sich die im Markt befindliche Geldmenge. Ziel ist es, eine Inflationsrate von unter, aber nahe 2 % zu erreichen. Dieses Ziel gilt als ideal, um einerseits Preisstabilität zu gewährleisten und andererseits einen Anreiz zu setzen, sein Geld auszugeben und damit die Wirtschaft "am Laufen" zu halten.
Dieses Instrument der wirtschaftspolitischen Steuerung, die zentrale Aufgabe der EZB ist (Art. 127 Abs. 1 S. 1 AEUV) geht allerdings mit umfangreichen wirtschaftspolitischen Nachteilen einher. Beispielsweise erhöht sich das Risiko von Sparern, deren Geld von den Banken nun nicht mehr in Staatsanleihen, sondern in Risikopapiere investiert wird. Darüber hinaus entstehen auch fiskalpolitische Auswirkungen, etwa, wenn sich Staaten durch den vermehrten Verkauf von niedrig verzinsten Staatsanleihen de facto zu besseren Konditionen Geld verschaffen können, als durch Kredite. Somit können umfangreiche Ankaufprogramme von Staatsanleihen sich faktisch als Staatenfinanzierung auswirken, die der EZB durch Art. 123 AEUV verboten ist.
In seinen Beschlüssen zur Durchführung des PSPP-Programms habe sich die EZB auf die lapidare Feststellung beschränkt, ein milderes Mittel zur Erreichung der währungspolitischen Ziele sei nicht ersichtlich. Diese Feststellung erfüllt nach Einschätzung des BVerfG aber nicht die Anforderungen an eine Verhältnismäßigkeitsprüfung. Vielmehr hätten die währungspolitischen Vorteile des Programms umfassend gegen die wirtschafts- und fiskalpolitischen Nachteile abgewogen werden müssen.
Das Mandat der EZB erfasse nach Art. 5 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 AEUV aber nur verhältnismäßiges Handeln. Da überhaupt keine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorliege, könne nicht abschließend beurteilt werden, ob das Handeln der EZB unverhältnismäßig und damit kompetenzwidrig sei. Das BVerfG räumt der EZB daher eine Frist von drei Monaten ein, noch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nachzuliefern.
Abschließend stellt das BVerfG noch fest, dass Bundesregierung und Bundestag verpflichtet seien, darauf hinzuwirken, dass offensichliche Ultra-vires-Akte gar nicht erst zu Stande kämen. Sollten solche gleichwohl ergehen, sei es den deutschen Verfassungsorganen verboten, an deren Umsetzung und Vollzug mitzuwirken.