BGH, Urteil vom 18.01.2024 – 4 StR 289/23

Bei äußerst gefährlichen Handlungen liegt es nahe, dass der Täter mit der Möglichkeit rechnet, das Opfer könnte zu Tode kommen und – weil er mit seinem Handeln fortfährt – einen solchen Erfolg billigend in Kauf nimmt.

Redaktionelle Leitsätze:

  1. Bedingter Vorsatz setzt voraus, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges für möglich hält und ihn zumindest billigend in Kauf nimmt.
  2. Bei äußerst gefährlichen Handlungen liegt es nahe, dass der Täter mit der Möglichkeit rechnet, das Opfer könnte zu Tode kommen und einen solchen Erfolg billigend in Kauf nimmt, weil er mit der Handlung fortfährt.
  3. Eine hohe und konkrete Lebensgefährlichkeit der Tatausführung stellt deshalb auf beiden Vorsatzebenen das wesentliche auf bedingten Tötungsvorsatz hinweisende Beweisanzeichen dar.
  4. Es ist eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände erforderlich. Neben der objektiven Gefährlichkeit der Tathandlung und der konkreten Angriffsweise des Täters sind auch seine psychische Verfassung bei Tatbegehung und seine Motivation einzubeziehen.
  5. Maßgeblich für die Abgrenzung zwischen einem unbeendeten Versuch und einem beendeten Versuch, ist das Vorstellungsbild des Täters (Rücktrittshorizont) unmittelbar nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung.
  6. Ein beendeter Tötungsversuch ist anzunehmen, wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt den Eintritt des Todes bereits für möglich hält. 

Urteil frei zugänglich.