Wie geht es nach der juristischen Ausbildung beruflich weiter? Das juristische Studium bietet die Möglichkeit, eine Vielzahl unterschiedlichster Karrierewege einzuschlagen. Beispiele für die Vielfalt der Berufschancen werden mit der von Mitarbeitenden des Instituts für Prozess- und Anwaltsrecht (IPA) initiierten Interviewreihe „Studentenfutter Wegweiser“ aufgezeigt.
Dabei berichten Alumni des Instituts und der Fakultät von ihren persönlichen Erfahrungen des Berufseinstiegs und geben den ein oder anderen Tipp an Sie als Studierende. Eins sei verraten - von Start-Up-Gründung über Großkanzlei bis hin zu einer journalistischen Karriere ist alles dabei.
Im Gespräch mit Dr. Sven Hasenstab
In diesem Teil der Reihe berichtet Dr. Sven Hasenstab über seinem Berufsalltag und seine Leidenschaft für seinen Beruf. Herr Hasenstab ist Rechtsanwalt und Partner in einer mittelständischen Kanzlei in Hannover. Warum er Anwalt werden wollte, beschreibt er wie folgt:
Ich habe Jura studiert, weil ich Anwalt werden wollte. Mir gefiel die Vorstellung, meinen Lebensunterhalt mit dem Austausch von Argumenten zu verdienen. Die Vorlesungen, insbesondere im Zivilrecht, fand ich zu Anfang eher weniger faszinierend. Alte Fälle des Reichsgerichts oder aus den Anfängen der Bundesrepublik, gepaart mit AG-Fällen, wo A an B für 50 Euro einen alten Palandt verkaufte - so richtig mitreißend war das irgendwie nicht. Da machten Campusleben und Fachschaftsarbeit schon deutlich mehr Spaß. Mit der Teilnahme an mehreren Moot-Courts und der langjährigen Betreuung des Willem C. Vis Moots bot mir das Studium dann aber letztlich doch, weswegen ich mit Jura eigentlich angefangen hatte: Das Spiel mit Argumentationen, mit dem Ziel, für einen damals noch fiktiven Mandanten dessen Fall zu gewinnen. Auch wenn die Mandanten jetzt echt sind und es heute mehr um das Gestalten, als um das reine Argumentieren geht, hat meine Leidenschaft für den Anwaltsberuf nicht nachgelassen. Ich wüsste keinen Job, den ich lieber machen würde.
Was war als Kind Ihr Berufswunsch?
Anwalt oder Linienpilot – wie Corona jetzt zeigt, war Anwalt wohl die richtige Wahl.
Was war Ihr Life-Safer in der Examensvorbereitung? Wie haben Sie die Examensvorbereitung überstanden?
Der Gedanke, dass es tausende Kandidatinnen und Kandidaten vor mir geschafft haben und nach mir schaffen werden und es letztlich auch nur eine von sehr vielen Prüfungen im Leben ist.
Warum haben Sie sich dazu entschieden, nach deinem bestandenen Examen – Anwalt (Partner) einer mittelständigen Kanzlei – zu werden?
Ich habe im Referendariat Stationen bei einer internationalen Großkanzlei absolviert und fand das dort im Grunde toll. Die lange Zeit, die man da regelmäßig braucht, um in die Partnerschaft aufgenommen zu werden und die Erkenntnis, dass einem auch als Partner letztlich immer noch irgendein Managing Partner vorgesetzt ist, empfand ich aber als weniger attraktiv. Kleine Kanzleien fand ich wiederum noch nie interessant, weil ich die Arbeit in größeren Teams und an größeren Mandaten mag. Auch wollte ich immer spezialisiert und im Wirtschaftsrecht tätig sein. Der Mittelstand bot da für mich einfach das beste Package. Die Kanzlei, in der ich als Anwalt angefangen habe und in der ich heute Partner bin, habe ich ausgesucht, weil Dr. Josef Fullenkamp, für den ich dann gearbeitet habe, Lehrbeauftragter an der Uni Hannover war und ich wusste, dass ich viel von ihm lernen kann und es menschlich bei uns passt. Was ich bei der Berufswahl übrigens überhaupt nicht bedacht hatte, war die Perspektive, Notar zu werden. Hier hatte ich sehr viel Glück, da ich in Hannover geblieben bin und wir in Niedersachen das Anwaltsnotariat haben. Mein Interesse an dem Amt wurde dadurch geweckt, dass ich – obwohl ich eigentlich zunächst immer rein an Prozessführung interessiert war – als Notarvertreter einspringen musste. Ich fand das Amt, für das ich mich im Studium und im Referendariat nie interessiert hatte, dann unheimlich spannend und habe dann, obwohl ich mir nach dem 2. Examen geschworen hatte, nie wieder für eine Klausur zu lernen, zum Notarexamen, also der notariellen Fachprüfung, angemeldet.
Was gefällt Ihnen besonders gut an Ihrem Berufsalltag?
Die Vielseitigkeit. Wir haben immer neue spannende Fälle auf dem Tisch, bei denen wir sehr tiefe Einblicke in die Belange unserer Mandanten bekommen und mit ihnen gemeinsam Strategien und Gestaltungen entwickeln. Auch der Alltag ist sehr abwechslungsreich – von Schreibtischarbeit über Verhandlungen in Konferenzräumen bis hin zu Gerichtsterminen ist alles dabei. An der anwaltlichen Tätigkeit mag ich besonders die Erfolgserlebnisse, die man nach Vertragsabschlüssen oder positiven Urteilen hat. Als Notar mag ich es, die Beteiligten an einer Beurkundung dabei zu unterstützen, ihren (gemeinsamen) Willen rechtlich umzusetzen und, z.B. bei Kaufverträgen, eine rechtssichere und ausgewogene Gestaltung zu finden. Auch die Herausforderung, in einer laufenden Beurkundung mitunter schnell und zielsicher ein beim Verlesen auftretendes Problem mit der richtigen Formulierung ad hoc für beide Seiten zu lösen, macht den Beruf immer wieder spannend.
Was sind für Sie die Nachteile an Ihrem Job?
Dass der Beruf zeitlich sehr fordernd ist und es mitunter sehr schwierig ist, immer allen Belangen von Mandanten und Mitarbeitern in der dafür angemessenen Zeit gerecht zu werden, insbesondere, wenn man auch noch ein Privatleben haben will. Hier muss man einfach ehrlich sein: Wenn man im Anwaltsberuf erfolgreich sein will, dann geht dies nur mit hohem Zeiteinsatz und viel Engagement. Dafür wird es aber nie langweilig.
Wann startet und wann endet in der Regel Ihr Arbeitstag?
Feste Arbeitszeiten habe ich zum Glück nicht. Wenn ich nicht morgens zu einem Termin aufbrechen muss, bin selten vor zehn Uhr im Büro und selten vor 20 Uhr wieder zu Hause. Das entspricht so meinem Biorhythmus. Die meisten meiner Kolleginnen kommen und gehen aber früher. Am Wochenende bin ich so gut wie nie in der Kanzlei. Auch versuche ich am Wochenende und im Urlaub – bei uns hat jeder sechs Wochen Jahresurlaub und nimmt diesen auch – Mobiltelefon und Laptop möglichst wenig zu benutzen. Im Notfall erreichbar bin ich aber eigentlich immer.
Was würden Sie den Studierenden für die Wahl ihres Weges nach dem Examen raten?
Der eigenen Intuition folgen und immer den Mut haben, Dinge, die man nicht mag, zeitnah zu ändern. Wenn man das, was man macht, nicht mindestens 80 % der Zeit, die es macht, gerne macht, sollte man etwas anderes machen. Gequält hat man sich schließlich bis zum Examen genug.
Und zu guter Letzt: Wenn Sie es sich aussuchen könnten, welches Getränk würden Sie im Anschluss an die nächste Studentenfutter Veranstaltung ausschenken?
Riesling – der gehört zum Studentenfutter einfach dazu.
Wir bedanken uns bei Dr. Sven Hasenstab für das Interview.
Weitere Interviews
Alle bereits erschienenen Teile der Interviewreihe „Studentenfutter Wegweiser“ finden Sie hier.