Nach nunmehr vier erfolgreich durchgeführten Veranstaltungen gingen die „Hannoverschen Gespräche zum Humanitären Völkerrecht“ des Deutschen Roten Kreuzes Region Hannover e. V. und des Instituts für Internationales Recht der Leibniz Universität Hannover in die letzte Runde des Jahres 2024:
Die Veranstaltung am Dienstag, den 26. November 2024, stand unter dem Motto „Recht und Konflikte – Die Rolle der Genfer Konventionen in gegenwärtigen Krisen“ und fand im WiWi Foyer am Königsworther Platz statt.
Als Referenten konnten Frau Rosa-Lena Lauterbach (Universität Köln) und Herr Vincent Widdig (Leibniz Universität Hannover) gewonnen werden. Frau Lauterbach trug zum Thema „Friedenssicherungsrecht und humanitäres Völkerrecht: Ein Grenzgang in aktuellen Konfliktlagen“ vor, während Herr Widdig zum Thema „Schutz durch Recht im Krieg? Die Genfer Konventionen zwischen Theorie und Praxis“ referierte.
Die Veranstaltung wurde dieses Mal von Herrn Prof. Dr. Claas Friedrich Germelmann, LL.M. moderiert.
Dieser Teil der gemeinsamen Veranstaltungsreihe widmete sich einem zentralen Thema des Völkerrechts: Wie kann das Recht generell und im Speziellen – insbesondere die Prinzipien der Genfer Konventionen und des humanitären Völkerrechts – dazu beitragen, das Leid in bewaffneten Konflikten zu mindern? Ist das Recht in der Lage, entstehende Konflikte zu verhindern? Kritisch hinterfragt wurde zudem, wie diese Normen angesichts der zunehmend komplexen Konflikte relevant bleiben können.
Nach einer Begrüßung durch Herrn Verschaeren vom DRK Region Hannover und Herrn Prof. Dr. Germelmann begann die Veranstaltung mit zwei Impulsvorträgen.
Frau Rosa-Lena Lauterbach von der Universität Köln sprach zum Thema „Friedenssicherungsrecht und humanitäres Völkerrecht: Ein Grenzgang in aktuellen Konfliktlagen“. In ihrem Vortrag erläuterte sie die Grundlagen des Friedenssicherungsrechts und analysierte dessen Verhältnis zu den Prinzipien der Genfer Konventionen. Sie zeigte auf, wie diese beiden Bereiche des Völkerrechts eine zentrale Schnittstelle bilden, um sowohl die Eskalation bewaffneter Gewalt zu verhindern als auch den Schutz von Zivilisten und Kriegsopfern sicherzustellen. Ein besonderer Schwerpunkt lag auf den Herausforderungen, die asymmetrische Konflikte mit sich bringen, insbesondere in Bezug auf nichtstaatliche Akteure. Frau Lauterbach veranschaulichte dies anhand aktueller Beispiele, unter anderem aus der Ukraine, und ging darauf ein, wie schwierig es ist, rechtliche Prinzipien in der Praxis anzuwenden. Sie betonte die Notwendigkeit, bestehende Mechanismen weiterzuentwickeln, um den Anforderungen moderner Konflikte gerecht zu werden. Dieser Punkt wurde in der anschließenden Diskussion ausführlich thematisiert.
Herr Vincent Widdig von der Leibniz Universität Hannover beleuchtete in seinem Impuls „Schutz durch Recht im Krieg? Die Genfer Konventionen zwischen Theorie und Praxis“ die Grundlagen des Rechts bewaffneter Konflikte. Er hob hervor, dass die Genfer Konventionen und ihre Zusatzprotokolle weiterhin ein essenzielles Instrument zum Schutz von Zivilisten und anderen verletzlichen Gruppen darstellen. Im weiteren Verlauf analysierte er die praktische Umsetzung der Konventionen in aktuellen Konflikten und ging auf die Herausforderungen bei der Durchsetzung des humanitären Völkerrechts ein. Dabei beleuchtete er die Rolle internationaler Organisationen und Gerichte sowie die Mechanismen zur Ahndung individueller Verantwortlichkeiten. Herr Widdig untersuchte die Diskrepanz zwischen der Theorie der Genfer Konventionen und ihrer praktischen Anwendung, insbesondere in hybriden Konflikten. Er betonte die Bedeutung internationaler Akteure wie des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) und der Vereinten Nationen, die bei der Überwachung und Durchsetzung des humanitären Völkerrechts eine zentrale Rolle spielen. Gleichzeitig zeigte er auf, wie schwierig es ist, Verstöße zu ahnden, insbesondere in Fällen, in denen keine klaren Verantwortlichkeiten festzustellen sind.
Die anschließende, aufschlussreiche Diskussion mit dem Publikum zeigte einmal mehr, wie komplex die rechtlichen und praktischen Hürden bei der Regulierung von Konflikten durch Recht sein können. Gemeinsam mit dem Panel erörterte das Publikum aktuelle juristische Entwicklungen, wie etwa die Stärkung der internationalen Strafgerichtsbarkeit durch den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) oder die Frage, wie ein verstärkter politischer Wille und eine intensivere Zusammenarbeit zwischen internationalen und nationalen Akteuren dazu beitragen können, die Wirksamkeit der Genfer Konventionen zu erhöhen.
Die Veranstaltung machte eindrucksvoll deutlich, dass die Genfer Konventionen und das humanitäre Völkerrecht unverzichtbare Werkzeuge für den Schutz der Menschlichkeit in bewaffneten Konflikten bleiben. Gleichzeitig wurde jedoch klar, dass die Dynamik moderner Konflikte eine kontinuierliche Weiterentwicklung dieser Regelwerke erfordert. Die Vorträge und Diskussionen boten wertvolle Einblicke und Anregungen, wie das humanitäre Völkerrecht auch in Zukunft relevant und wirksam bleiben kann.
Großer Dank geht wie immer, neben dem Deutsche Rote Kreuz-Region Hannover e.V. für die Realisierung des Projekts, an das gesamte Team der Juristischen Fakultät, sowie dem Team vom Lehrstuhl von Herrn Prof. Dr. Germelmann für die organisatorische Unterstützung und letztlich auch an die Vielzahl von Teilnehmenden für die anregenden Diskussionen.
Verfasst von Vincent Widdig.
Bildergalerie
Eine kleine Galerie mit Eindrücken von der Veranstaltung finden Sie hier.
Ausblick
Die nächste Ausgabe der Hannoverschen Gespräch zum humanitären Völkerrecht findet am 14. April 2025 zum Thema "Wahrheit oder Täuschung? Medien, Misinformationen und bewaffnete Konflikte" statt.