Am 2. Dezember 2024 fand erneut eine Veranstaltung der Forschungsstelle für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Kapitalmarktstrafrecht im Rahmen der Vorlesung „Kapitalmarktrecht“ statt. Hierzu hatte der Lehrstuhl für Zivilrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht (Prof. Dr. Buck-Heeb) eingeladen.
Für den Gastvortrag über das Kapitalmarktrecht in der Börse konnte Frau Bettina Bahnson gewonnen werden. Die Referentin ist Syndikusrechtsanwältin und stellvertretende Compliance-Beauftragte der Boerse Stuttgart Group für den Wertpapierhandel. Durch ihre knapp 20-jährige Tätigkeit als Unternehmensjuristin in verschiedenen internationalen Banken und jetzt der Börse Stuttgart verfügt Frau Bahnson über umfangreiche Expertise im Kapitalmarktrecht. Ihr Schwerpunkt liegt derzeit in der Rechtsberatung zum Finanzmarkt-Aufsichtsrecht, insbesondere zu MIFID II (2. EU-Finanzmarktrichtlinie), MAR (EU-Marktmissbrauchsverordnung), ESG (Regulierung bzgl. Nachhaltigkeit (Environmental, Social, Governance)) und zunehmend auch zur Kryptoregulierung durch die MiCAR (EU-Kryptowerteverordnung).
Frau Bahnson führte exemplarisch am Beispiel der Boerse Stuttgart Group aus, auf welche Weise sich Unternehmen wie die Börse dem rasanten technologischen Fortschritt stellen und ihre Geschäftsmodelle durch innovative Schritte weiterentwickeln. Zunächst führte die Referentin in die „Welt“ der Börse und die dortigen zunehmenden Veränderungen ein.
Anhand von Beispielsfällen aus der Praxis nahm die Vortragende die Finanzmarktregulierung für den klassischen Wertpapierhandel in den Blick. Eingegangen wurde vor allem auf die sog. Bison-App, bei der Privatanleger Kryptowerte kaufen und verkaufen können. Verbunden mit einem Blick „hinter die Kulissen“ thematisierte Frau Bahnson die rechtliche Seite. Dabei ging es um die Anwendbarkeit der MAR sowie der MiCAR, aber auch des KWG und der sog. MiFID II (Richtlinie 2014/65/EU), welche im WpHG umgesetzt wurde.
Gegenstand des Gastvortrags war auch die Wechselbeziehung zwischen technologischem Wandel und der regulatorischen Antwort auf diese Entwicklungen. Als Beispielsfall wurde mit den Zuhörer/-innen die Frage der Zulässigkeit der Veröffentlichung eines Insta Posts besprochen. Frau Bahnson veranschaulichte damit, wie solche internen Anfragen in der Compliance-Abteilung geprüft werden. Zudem befasste sie sich mit dem Handel mit Kryptowerten. Der rechtliche Rahmen wurde umrissen, der Aufbau der MiCAR und die Definition der verschiedenen Token erörtert.
Da die Börse als Kryptowertedienstleister agiert, spielt v.a. die Erlaubnispflicht eine Rolle. Die KWG-Zulassung wird zum Ende 2024 von der MiCAR-Zulassung abgelöst. Als besonderen Aspekt hob die Referentin das in die MiCAR integrierte Verbot des Marktmissbrauchs im Zusammenhang mit Kryptowerten hervor. In dieser Verordnung findet sich laut der Erwägungsgründe keine „volle Regulierung“, um kleine und mittlere Unternehmen nicht an den Dienstleister-Aktivitäten zu hindern.
Speziell wurde das Insiderhandelsverbot behandelt. Spannend waren dabei vor allem die Erläuterungen zur „gelebten“ Praxis, insbesondere die Ausführungen zu der Frage, welche Konstellationen es im Kryptobereich überhaupt gibt, bei denen Insiderinformationen relevant sein können. Problematisiert wurde, dass mögliche Fälle einer Eignung zur Kursbeeinflussung durch die Börse als Kryptodienstleister in der Praxis kaum vorstellbar sind.
Auch das Verbot der Marktmanipulation wurde angesprochen. Auffallend ist, dass die Regelbeispiele in der MiCAR von denjenigen in der MAR abweichen, da in ersterer einer der in der MAR für Finanzinstrumente aufgeführten Punkte fehlt. Hintergrund ist, dass es im Kryptobereich, anders als bei Wertpapieren bzw. Finanzinstrumenten, einen vollautomatisierten 24-Stunden-Handel gibt. Während die Abwicklung von Wertpapiertransaktionen relativ komplex ist und ca. zwei Tage dauert, sind etwa bei Bitcoins alle Informationen auf der Blockchain hinterlegt, sodass kein solcher Zeitverzug entsteht. Insofern sind die Abläufe bzgl. Kryptowerten iSd MiCAR von Börsenseite vollautomatisiert, sodass eine Marktmanipulation als solche nicht möglich erscheint.
Über die Forschungsstelle für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Kapitalmarktstrafrecht
Die Forschungsstelle widmet sich einem Rechtsgebiet von hoher praktischer Relevanz, welches durch ein Zusammenwirken der durch die Mitglieder vertretenen Rechtsgebiete gekennzeichnet ist. Sie hat sich die Vorbereitung und Durchführung von Forschungsprojekten ggf. in Verbindung mit weiteren Einrichtungen zur Aufgabe gemacht.
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