Die Veranstaltungsreihe „Hannoveraner Forum Unternehmensrecht“ wird von den Unternehmerverbänden Niedersachsen e.V. (UVN) und dem Lehrstuhl für Zivilrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht der Juristischen Fakultät der Universität Hannover (Prof. Dr. Petra Buck-Heeb) bzw. der dortigen Forschungsstelle für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Kapitalmarktstrafrecht ausgerichtet. Sie bietet eine Möglichkeit zum Austausch von Wissenschaft und Praxis über aktuelle Themen und ermöglicht einen Austausch zwischen den Studierenden des Schwerpunktbereichs „Unternehmensrecht“ der Juristischen Fakultät der Leibniz Universität Hannover und Rechtsabteilungsleitern.
Die fünfte Vortragsveranstaltung in diesem Format fand am 25. April 2023 in der Hauptzentrale der Dirk Rossmann GmbH statt. Nach der Begrüßung durch Agneta Wiedbrauk, Abteilungsleiterin Umwelt- und Steuerpolitik, Rechtsabteilung der UVN, gab der Leiter der Rechtsabteilung der Dirk Rossmann GmbH, Stefan Kappe, einen kurzen Einblick in das Unternehmen. Anschließend folgten zwei Vorträge zu dem diesjährigen Thema ESG bzw. Nachhaltigkeit.
Den ersten Vortrag mit dem Titel „Nachhaltigkeitsrisiken in der Finanz- und Realwirtschaft“ hielt Dr. Markus Lange (Partner bei Baker Tilly in Frankfurt a.M.). Der Referent legte anschaulich die vielfältigen Nachhaltigkeitsregulierungen dar. Dies erstreckte sich über den globalen regulatorischen Rahmen (etwa die 17 Zielen der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung, das Pariser Klimaschutzabkommen, der UN Global Compact, die OECD-Leitlinien), bis hin zum Aktionsplan Finanzierung nachhaltigen Wachstums der Europäischen Union und dort speziell auf die Offenlegungs-Verordnung sowie die Taxonomie-Verordnung. Der Referent hob hervor, dass zwar die Offenlegungs-VO die Nachhaltigkeitsregulierung in der Finanzwirtschaft betreffe, die Taxonomie-VO hingegen, anders als ursprünglich vorgesehen, nicht nur die Finanz-, sondern auch die Realwirtschaft, da hier eine nichtfinanzielle Berichtspflicht geregelt wurde. Sodann thematisierte der Referent die sog. CSR-Richtlinie, die durch das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz in deutsches Recht umgesetzt wurde, bzw. die Ausweitung der Berichtspflichten durch die sog. CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) von 2022.
Thematisch hieran anknüpfend folgte ein Vortrag von Prof. Dr. Patrick Velte (Leuphana Universität Lüneburg) mit dem Titel „CSRD, CSDDD und Co: Unternehmerische Nachhaltigkeitsregulierung ante portas“. Der Referent machte deutlich, wie sich die Nachhaltigkeitsregulierung auf die verschiedenen Bereiche in den Unternehmen auswirkt. Sie betreffe nicht nur die nichtfinanzielle Berichterstattung, sondern auch die Sorgfaltspflichten, die Vergütungssysteme und die Besetzung von Führungsorganen in Unternehmen. Die vorgegebene nachhaltige unternehmerische Entwicklung setze sich aus Sustainable Finance, der CSRD von 2022 und dem Vorschlag einer CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) vom 23.2.2022, bezüglich derer im Frühjahr 2023 die Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen begonnen haben, zusammen. Der Referent verglich den Inhalt und Umfang der CSR-Richtlinie mit der CSRD und führte aus, dass die CSRD wesentlich weiter gehe als noch die CSR-Richtlinie. Sodann gab der Referent einen Überblick über den Vorschlag zur CSDDD und verglich diese mit dem Deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Auch hier machte der Referent deutlich, dass die CSDDD im Vergleich zum Deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz wesentlich strengere Anforderungen vorsieht. Diese beträfen unter anderem den Anwendungsbereich des Gesetzes, die zivilrechtliche Haftung und die Sorgfaltspflicht der Unternehmen.
An die beiden Vorträge schloss sich eine spannende Diskussion an. Dabei wurde unter anderem die Frage erörtert, ob aufgrund der Nachhaltigkeitsregulierungen die D&O-Versicherungen angepasst werden müssen. Anschließend hatten die Teilnehmenden im Rahmen eines „Get-togethers“ die Möglichkeit, Kontakte zwischen Wissenschaft und Praxis zu knüpfen und sich auszutauschen.